Chance Denkmal: Erinnern. Erhalten. Neu denken.
Mit dem Ausbau Torgaus zur Festung wurde das leerstehende Renaissanceschloss Lichtenburg im Jahre 1812 zur Strafanstalt umfunktioniert. Im Zuge dessen gab es auch bauliche Erweiterungen auf der Nordseite des Schlosses. Unter anderem wurde 1878/79 ein sogenannter Isolierflügel errichtet, der bis heute durch eine Brücke mit dem Schlosskomplex verbunden ist.
Der Zellenbau entspricht mit dem architektonischen Prinzip eines Panoptikums und seinem zentralen Treppenhaus der gängigen Gefängnisarchitektur Deutschlands im 19. Jahrhundert.
Kurz nach der Schließung des Zuchthauses im Jahre 1928 nutzten die Nationalsozialisten bereits ab Juni 1933 die ehemalige Strafanstalt Lichtenburg als Konzentrationslager. Damit besitzt der Schlosskomplex Lichtenburg eine KZ-Geschichte, die nahezu die gesamte Zeitspanne nationalsozialistischer Herrschaft umfasst.
Insgesamt gibt es auf drei Etagen 78 Zellen, davon 66 Einzelzellen, die vier Meter lang und 2,2 Meter breit sind. Die restlichen 12 Zellen waren Mehrpersonenzellen von 3 Metern Breite. Zusätzlich ist der gesamte Bau unterkellert. Die spartanische Einrichtung in den Zellen bestand aus zwei bis vier Etagenbetten, einer kleinen Bank und einem Kübel für den Notdurft. Je nach Gesamtbelegung der Konzentrationslager waren die Gruppenzellen im Durchschnitt mit drei bis fünf Gefangenen belegt. Aber es gab auch Situationen, in denen auf eine Mehrpersonenzelle bis zu neun Menschen kamen.
So hat es auch Ernesto Kroch erlebt.
Am 9. Mai 1936 wurde Ernesto Kroch in "Schutzhaft" genommen und kurz darauf in das KZ Lichtenburg überstellt, wo er bis zum 26. Januar 1937 inhaftiert war. Er erinnert sich: "Mich schob man in ein Zimmer von etwa vier mal vier Metern, wo bereits acht Häftlinge untergebracht waren. [...] Davon war auch noch ein Drittel mit den drei Bettgestellen, ein jedes drei 'Stockwerke' hoch, verstellt. Einen Tisch gab es nicht. Nur zwei Holzbänke, worauf wir neun gerade Platz hatten, um eng nebeneinander zu sitzen. Es blieb nur ein schmaler Gang. Einen Schrank gab es auch nicht. Wozu auch?! Was man hatte, trug man am Körper. Wir besaßen nur eine Waschschüssel und einen Kübel mit Deckel für die kleinen Bedürfnisse. Zum großen Geschäft ging es einmal am Tag im Laufschritt in die Massenlatrine, wo man auf Befehl und in kurz bemessener Frist seinen Stuhlgang erledigt haben. Jeden Ausgang aus unserem Verlies erwarteten wir mit Verlangen und Angst zugleich."
Der Zellenbau ist einer der eindrucksvollsten Sachzeugen im Schlossensemble, an dem die gesamte Inhaftierungsgeschichte in der Lichtenburg deutlich sichtbar wird. An der Fassade sowie im Inneren des Baus lassen sich auch heute noch Inschriften und Zeichnungen verschiedener Zeitschichten entdecken.